Paartherapie: Hintergrundtheorie
Hintergrundtheorien leiten die Arbeit eines Therapeuten/einer Therapeutin.
Sie gründen sich auf die eigene psychotherapeutische Ausbildung und die Theorien und Methoden, die in diesem Kontext erworben wurden. Sie werden ergänzt durch Erfahrungswissen und Weiterentwicklung dieser Grundlagen.
Im Folgenden sollen einzelne Zugänge der Paartherapie vorgestellt werden. Sie sind der Graduierungsarbeit und einer gemeinsamen Veröffentlichung entnommen. Eine kurze Literaturliste (oder als pdf zum Download) soll die Möglichkeit bieten, die Hintergrundtheorien sichtbar zu machen.
Paarsystem
Paare entwickeln eine „gemeinsame“ Gestalt, indem sie durch ein wiederholtes aufeinander Bezogensein Erfahrungen in immer wiederkehrenden Gestaltzyklen erleben. Durch die Herausbildung von Intimität (und einer Binnenstruktur) entsteht dadurch eine auf Dauer gerichtete Einheit. Die Paarbeziehung grenzt sich dadurch als eigene Einheit gegenüber ihrer Umwelt ab.
Wird die Intimität der Paarbeziehung verletzt, beispielsweise durch Außenbeziehungen, führt dies zu Krisen in der Paardynamik.
Entwicklung findet im Dialog statt
Dialog ist die einzige Kommunikationsform in der Erkenntnis stattfindet. Wilhelm Isaacs grenzt den Dialog von anderen Kommunikationsformen wie Diskussion, Debatte, Gespräch und Konversation ab (Issacs 2003).
Dialog bedeutet, dass nicht nur eigene Botschaften vermittelt werden, sondern dass über Zuhören, Akzeptanz und gleichwertigem Anerkennen der Sicht des Anderen (Isaacs nennt dies „in Schwebe halten der eigenen Sicht“ oder suspendieren) ein Kreis von Vermitteln und Verstehen entsteht, der „aha-Erlebnisse“ auslöst: „aha, so siehst Du das!“. Einseitige Monologe sind im Kontext von Paaren vielfach nicht zielführend.
Störungen des Dialogs - Eskalation und Entwertung
Paul Watzlawick präsentiert in seiner Axiomatik zur Kommunikation zwei Formen problematischer Kommunikation: Eskalation und Entwertung (Watzlawick et. al. 2000/1967).
Eskalationen in Kommunikationsprozessen entstehen dann, wenn die eigene Position in Konkurrenz zu jener des anderen gesehen wird. Es kommt zum Machtkampf um die „Wirklichkeit“, der in symmetrischen Beziehungen – also Beziehungen, die auf Gleichheit beruhen und keine definierte Autoritätszuweisung vorsehen – nicht zu gewinnen ist. In Paarbeziehungen geht es daher um die Aushandlung von Machtzuschreibungen.
Entwertungen in Paarbeziehungen entstehen dadurch, dass dem anderen seine/ihre Selbstdefinition abgesprochen wird. Wird dies von einem Partner/einer Partnerin dauerhaft zugelassen, führt es zu Ungleichgewichten in der Beziehung, die Konflikte verursachen.
Muster in der Paarbeziehung – Verstrickungemen
Jede/r Partner/Partnerin trifft als „Gewordene/r“ auf den anderen/die andere. Gemeint ist damit, dass jede/jeder persönliche und familiäre (natürlich auch kulturelle) Prägungen in eine Paarbeziehung mitbringt. Über viele Generationen entstehen Muster, wie bestimmte Phänomene in einer Familie gehandhabt werden und wie in einer Gemeinschaft miteinander umgegangen wird.
Diese familiären, sozialen und kulturellen Hintergründe sind auch maßgeblich, wen man sich als Partner/Partnerin auswählt. Es wird von der Sichtweise ausgegangen, dass es „unbewusst“ soweit passend sein muss, dass man füreinander überhaupt in Frage kommt, es braucht aber auch hinreichend viel Fremdheit und Unterschiedlichkeit um in einer Beziehung lernen zu können. Dort wo die Unterschiedlichkeit groß ist, zeigt sich im Verlauf von Paarbeziehungen Konfliktpotenzial.
Beispielsweise wird in der einen Herkunftsfamilie mit Konflikten so umgegangen, dass alle die Konflikte hinnehmen und vermeiden und in der anderen Herkunftsfamilie werden Konflikte direkt und kämpferisch ausgetragen. Beide Seiten des Paares wollen das eigene Muster in der Paarbeziehung leben und geraten in dauernde Auseinandersetzung über die Art und Weise wie miteinander umgegangen wird. Gelingt es diese „Verstrickung“ zu sehen, dann kann jede/r seine/ihre Position hinterfragen und eine gemeinsame Form gefunden werden (schon in den 70-er Jahren wurde von Jürg Willi über die Kollusion in der Liebe geschrieben, eine Zugangsweise zur Paartherapie, die ähnliche Elemente aufweist, Willi 1994).